Ernte-Dank '79 unter dem Motto "... daß alle leben"
von Peter Godzik
Die Ernte ist eingebracht. Sie ist gut ausgefallen. Trotz gewisser Einbußen durch den Regen, die fehlende Sonne und den langen Winter liegt das diesjährige Ernteergebnis noch immer knapp vier Prozent über dem langjährigen Erntedurchschnitt der Jahre 1973 bis 1978.
Wir haben allen Grund, uns darüber zu freuen. Trägt diese Ernte doch dazu bei, dass wir weitgehend frei von Sorge um unser tägliches Brot leben können. Viele Menschen, nah und fern, tragen zu unserem Wohlergehen bei: z. B. die dänischen und peruanischen Fischer, die indischen Reisbauern, die bolivianischen Minenarbeiter, die Teepflückerinnen auf Sri Lanka und die Kaffeebauern in Guatemala. Viele Völker decken unseren Tisch, kleiden uns, machen unser Leben bunt. Auch ihnen soll unsere Erntedank-Freude gelten.
In diesem Jahr möchten wir Sie bitten, insbesondere die Indianer Lateinarnerikas in unser Erntedankfest einzubeziehen. Sie können nicht nur wichtige materielle Dinge wie Kaffee, Honig, Kleider und Blumenvasen zur Ausgestaltung unseres Festes beitragen. Sie als Träger großer Kulturen besitzen einen Schatz an Lebensweisheit, der in der Vergangenheit eher ver- als geachtet wurde. Öffnen wir uns zu einem Dialog mit ihnen; einen Dialog, der auch unser eigenes Umdenken mit einschließt.
"... dass alle leben" meint zum einen die Freude aneinander, ein Stück Lebensfreude. Die Gemeinsamkeit möchte aber auch unsere Sinne für die menschenunwürdigen Bedingungen schärfen, unter denen die Indios leben müssen. Gemeinsamkeit mit ihnen kann in uns Kräfte mobilisieren, die sowohl für uns als auch für die Indios mehr Menschlichkeit, mehr Menschenwürde gedeihen lässt.
In: Kirche in Büdelsdorf. Information - Besinnung - Meinungsbildung, Ausgabe September 1979.