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Paul Klee, Es weint, 1939

lösen

Sammle meine Tränen in deinen Krug;
ohne Zweifel, du zählst sie.
Psalm 56,9

Die Tränen rannen herab,
und ich ließ sie so ungehindert fließen,
wie sie wollten,

und machte aus ihnen
ein Ruhekissen für mein Herz.

Auf ihnen ruhte es.
Augustinus

Tiefe Trauer bedeutet zunächst: Mir wird etwas Geliebtes genommen und es tut sehr weh. Die Arbeit der Trauer besteht nun darin, aus dem Passiv ins Aktiv zu kommen:

  • die Erstarrung zu überwinden,
  • die Tränen fließen zu lassen;
  • nicht nur gelöst zu werden, sondern selber zu lösen;
  • nicht nur zu Wegen gezwungen zu werden, sondern sie selber im eigenen Rhythmus zu gehen;
  • nicht nur gelebt zu werden - irgendwie, sondern selber zu leben - bewusst und gestaltet.

Dabei sind die Tränen symbolisch bedeutsam: sie lösen sich, sie werden geweint, wir können aus ihnen etwas machen. Wenn aller Schmerz herausgeflossen ist, kann wieder Ruhe einkehren - und mit der Ruhe: einfaches und elementares Leben. Der Trauernde wird wie ein neugeborenes Kind: aus dem Wasser der Tränen wird von neuem geboren, was leben und dasein will.

"Gib mir die Gabe der Tränen, denn wie könnte ich reden, wie könnte ich verstehen, wenn ich vergessen habe, wie man weint. Weinen als fließender Ausdruck des Schmerzes und als heilsame Verflüssigung wiederkehrender Freude. Tränen sind eine Form leiblich gestalteter Trauer und Freude."

Ulrich Schaffer schreibt: "Wir sind alle Zauberkünstler. Es ist in uns gelegt, die Welt um uns zu verwandeln. Nicht das, was wir sehen, sondern wie wir es sehen, bestimmt, was wir fühlen. Der Schlüssel liegt in uns."