PARS HOMINIS BERNWARDUS
ERAM NUNC PREMOR IN ISTO
SARCOFAGO DIRO VILIS
ET ECCE CINIS
PRO DOLOR OFFICII CVLMEN
QVIA NON BENE GESSI
SIT PIA PAX ANIMAI
VOS ET AMEN CANITE
Teil eines Menschen war ich, Bernward;
jetzt bin ich umschlossen
Hier vom Schauder der Gruft.
Asche nur bin ich und Staub.
Ach, des erhabenen Amtes
hab? ich nicht würdig gewaltet!
Frieden gib, Herr, meiner Seel?!
Singet Ihr Amen dazu!
Bernwards Auferstehungshoffnung
Bernward folgte dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem, indem er den dortigen Abstand zwischen dem Grab Christi und der Kreuzigungsstätte für den Abstand seiner geplanten Gruft vom Kreuzalter übernahm. Als die Araber 1009 die Grabeskirche in Jerusalem zerstörten, könnte Bernward zu den Geistlichen gehört haben, die das Gedächtnis an diese christliche Stätte lebendig zu halten versuchten. Die Westkrypta wäre also in der Erinnerung an die Grabeskirche mit Bedacht als Grablege geplant worden. Tatsächlich ist der Abstand zwischen Bernwards Grab und dem Kreuzaltar derselbe - 42 m - wie der überlieferte Abstand der liturgischen Orte in Jerusalem. Das Grab sollte auch so angeordnet sein, dass von ihm der Blick nach Osten zum Kreuzalter ging, und zwar über den Marienaltar hinweg, den Bernward an der Ostwand der Krypta in einer zum Schiff hin offenen Nische aufstellte. Schließlich liegt das Grab gewissermaßen im Mittelpunkt des Westwerks, dessen Schutz der Erzengel Michael übernahm. Sein Altar steht im Scheitel der Chorwand, hoch über dem Grabe in der Krypta, nur erreichbar durch den mannshohen Umgang in dieser Wand, zu dem eine Stiege vom Chor her hinaufführt.
Am Gedenktag des Heiligen Martin von Tours (11.11.1022) lässt Bernward von Bischof Eggehard die Martinskapelle auf dem Michaelishügel weihen und nimmt selbst die Kutte des Benediktinermönchs. Neun Tage später stirbt er.
Der von ihm eigenhändig gemeißelte Sarkophag zeigt auf dem Deckel neun Engelköpfe, Symbole der neun himmlischen Chöre (nach Dionysios Areopagita), die Bernwards Lebensziel sind. Die zweimal sieben Flammen symbolisieren die sieben Leuchter der Apokalypse (Apk 1,12; 2,1+5; 4,5).
Um den Sargdeckel zieht sich in romanischen Majuskeln ein Zitat aus dem Hiobbuch (Hi 19,25): "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Und am Jüngsten Tage werde ich von der Erde auferstehen. Und ich werde umgeben werden mit meiner Haut und meinem Fleische Gott, meinen Heiland, sehen. Ich selber werde ihn sehen und meine Augen werden ihn anschauen, nicht ein anderer. Diese meine Hoffnung ruht in meinem Busen."
Wie das Kreuz auf der Bronzetür schlägt auch das Kreuz auf der Grabplatte Zweige aus: Geheimnis des Glaubens, Verwandlung des Todes ins ewige Leben.
Das Gesamtkunstwerk Michaelis ist mit Bronzetüren und Christussäule ein vielfältig deutbares Gleichnis des Himmels.