Mark und Dan Jury, Gramp. Ein Mann altert und stirbt. Die Begegnung einer Familie mit der Wirklichkeit des Todes (1978). Aus dem Amerikanischen von Edwin Ortmann, Berlin/Bonn: Verlag J.H.W. Dietz Nachf. 1982, 3. Auflage 1988 (Präsentation).
Verhaltensregeln bei Sterbenden
In den Krankenhäusern und Pflegeheimen wird man, soweit möglich, ein freundliches, wohnliches Zimmer anbieten. Gute und fürsorgliche Pflege sowie eine einfühlende medizinische Behandlung sind die Grundvoraussetzung. Darauf erst kann sich eine weitergehende seelsorgerliche Sterbendenhilfe aufbauen.
Ärzte, Schwestern, Pfleger und Bettnachbarn können ebenso Vertraute und dadurch Wegbegleiter werden wie die eigenen Angehörigen. Sterben ist für die Betroffenen weniger ein medizinisch erklärbarer funktioneller Ablauf, sondern ein Mysterium, das den ganzen Menschen angeht. Eine sachgemäße, aber gefühlsmäßig neutrale Pflege wäre unzureichend. Besonders Sterbende verdienen eine persönliche Zuwendung.
Das Bett des Patienten sollte von allen Seiten zugänglich sein. Neben dem Bett ein Krankentisch oder Nachttisch, Blumen, vielleicht eine Kerze, ein Bild Nahestehender, dazu persönliche Dinge in greifbarer Nähe.
Was um einen Kranken herum zu sehen ist, das spricht mit ihm in der Stille. Darum ist es auch nicht gleichgültig, welche Bilder im Blickfeld des Patienten hängen. Sie sollten Ruhe und Geborgenheit ausstrahlen und Trost spenden. Zu denken wäre beispielsweise an Barlachs "Die Begegnung" [sic! recte: "Das Wiedersehen"] oder an ein Bild "Jesus und die Emmausjünger" etwa von Rembrandt, an einen Ausschnitt "Jesus und Johannes" aus einem Abendmahlsbild. Soweit es an uns liegt, dürfte es auch nicht an einem Kreuz im Raum fehlen.
Oft beeinflussen Kleinigkeiten die Begegnung von Besuchern mit dem Sterbenden. Darum sollte der Kranke möglichst neu gebettet und erfrischt sein, die Ordnung im Zimmer noch einmal überprüft werden, bevor Besucher das Zimmer betreten. - Wie ist das mit benutztem Geschirr, Frischluft, Blumen, Deckchen, Haare, Schweiß, Lippen, Schleim?
Die Besucher sollten sich im Schein des Lichtes von vorne dem Liegenden nähern. Ohne Hektik und ohne Lärm! Sie sollten abwartend nähertreten. Nicht nach Rauch oder Alkohol riechen! Schwerkranke können überempfindlich sein!
Viele, beispielsweise Schlaganfallkranke, haben oft ein geschärftes Gehör und Gespür, auch wenn sie sich nicht im Geringsten mitteilen können. Normal laut, langsam, deutlich in kurzen, einfachen Sätzen sprechen! Niemals über den Kranken wie über einen Nichtanwesenden reden! Ihn immer in das Gespräch mit hineinnehmen!
Freundlich, liebevoll! Weinen und Wehklagen schadet dem Sterbenden in seiner Hilflosigkeit mehr, als es ihm nützt. Unpassend ist, so zu tun, als wäre alles nicht so schlimm.
Friedrich Haarhaus, ... und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. Ein ökumenisches Gebetbuch für alle, die sich und anderen auf dem Weg zum ewigen Leben zurechthelfen wollen, Hamburg: Agentur des Rauhen Hauses 1980, S. 25-26.
Weitere Anregungen
- Alfred Vogel/Georg Wodraschke: Praktischer Sterbebeistand, 1989.
- Johann-Christoph Student, Stellungnahme zum Problem des Austrocknens von sterbenden Menschen, Hospiz Stuttgart 2002.
- Peter Godzik, 36 Jahre nach "Gramp": Die Sterbebehinderer haben ausgespielt, in: ders., Hospizlich engagiert. Erfahrungen und Impulse aus drei Jahrzehnten, Rosengarten b. Hamburg: Steinmann 2011, S. 153-167.