Fluchtziel Oeversee
1945 floh Ursula Godzik mit einem Lkw der Organisation Todt aus Dessau Richtung Berlin; anschließend mit dem Zug von Berlin nach Wismar, wo ihr Vater Hermann Ritter beim Stab der Luftflotte 1 stationiert war. Gemeinsam gelangten beide mit dem Luftwaffentreck von Wismar an der Ostseeküste entlang bis nach Flensburg. In Oeversee lebte Ursula Godzik eine Zeitlang in einem Zelt vor der Dorfbäckerei, Hermann Ritter beim Stabszug im Wald bei Frörup.
Weitere Passagen aus dem von mir verfassten Biogramm über meine Mutter:
Es ging euch einigrmaßen gut, weil ihr Waren aus der Marketenderei (u.a. Alkohol, Kaffee), die sich in einem Güterwagen in Weiche befanden, bei den Bauern gegen Lebensmittel eintauschen konntet.
Du nähtest dir im Wald von Frörup ein Kleid aus einer Gardine und einen Mantel aus einer Wolldecke mithilfe der im Troß aus Wismar mitgebrachten großen Schneider-Nähmaschine. Den Gürtel des Mantels machtest Du aus einem Streifen der Wolldecke Deines Vaters, der sich wunderte, das die Decke plötzlich nicht mehr lang genug war, um die Füße zu bedecken.
Dann bekamst Du ein Quartier in der Schule von Oeversee (bei Frl. Hein). Dein Mann kam später auch dorthin. Ihr habt eine Zeitlang im Schulhaus in Oeversee gewohnt und wurdet von Ehepaar Miertsch (Kirchkrug Clausen) unterstützt.
Du bekamst ein eigenes Zimmer bei Familie Bruhn in der Mathildenstraße (18 oder 14) in Flensburg. Der Sohn Hans-Adolf hatte eine Segeljolle, mit der ihr auf der Förde bis zu den Ochseninseln gesegelt seid.
Dein Vater Hermann Ritter leitete nach dem Krieg zunächst kommissarisch das Gefängnis in Flensburg; er stellte dort entlassene Marineoffiziere als Wachpersonal ein. Er wurde später nach Neumünster versetzt und war dort der stellv. Gefängnisleiter.
Dein Mann Helmut Godzik war vom 22. Mai bis 2. August 1945 zusammen mit Hermann Sander interniert auf dem Hof Rosburg in Moosbruch bei Lensahn. Er wurde von der englischen Besatzungsmacht eingesetzt als Führer einer Arbeitskompanie, nämlich 4./Rgt. Drews. Nach seiner Entlassung aus der Wehrmacht betätigte er sich als Postkartenmaler und hielt Kontakt zu einer Künstlerkolonie in Flensburg, der sein Breslauer Schulkamerad Fritz Hanel angehörte. Ab 1. Januar 1946 wurde er wieder eingestellt als Steuerinspektor beim Finanzamt Flensburg. Zuammen mit Hubert Krause war er in der Steuerfahndung tätig.
1946 wurde Dein Sohn Peter in Flensburg geboren (am 16.06.1946 im Hinterhaus Holm 11 bei Peter Jordt, Leichenträger eines Beerdigungsinstituts); ihr konntet ein Zimmer mieten in Flensburg, Mathildenstraße 16 (bei Flor, sich die wie Großeltern zu Deinem Sohn verhielten). Eure Hausgehilfin war damals Uta Krause.
Kurz nach der Geburt von Peter holte Dein Vater Deine Mutter aus einem Flüchtlingstreck nach Flensburg; die beiden wohnten lange in der Moltkestraße (bei einem höheren Justizbeamten). Gegenüber wohnte die Ärztin Dr. Oschatz-Dethleffsen.
1947 wurde Deine Tochter Karin geboren (am 14.08.1947). Ihr konntet in eine größere Wohnung umziehen nach Mürwik, Twedterholz 3. Eure Hausgehilfin war damals Monika Zimmermann ("Tazi"). Peter und Karin konnten den städtischen Kindergarten in der Marinesportschule Mürwik besuchen.