8. Sonntag nach Trinitatis
Annäherungen an den Predigttext Jesaja 2,1-5
Ergebnisse eines Gesprächskreises für die mittlere Generation in der Domgemeinde Schleswig
Ein Bibeltext, der Hoffnung auslöst und doch ratlos macht. Warum ist es noch nicht gelungen, die Kriege in aller Welt zu ächten? Es wäre doch schön, wenn die Menschen nicht mehr lernten, gegeneinander Krieg zu führen.
Wir leben eben noch nicht in der vom Propheten angekündigten Endzeit, in der alle Feindschaft unter den Menschen überwunden sein wird und in der sich die Menschen nach den Geboten Gottes richten werden.
Es ist irgendwie ein schöner Text und doch ist mir seine Sprache fremd. Er scheint aus einer bestimmten Zeit mit einer besonderen religiösen Sehnsucht zu stammen, die wir heute so nicht mehr teilen. Wer war dieser Jesaja, was hat er erlebt und wen spricht er hier an?
Mir fällt auf, dass der Prophet vom Kommen der Völker zum Haus des Herrn spricht. Unsere missionarischen Bemühungen sind eher von einer Geh-Struktur bestimmt. Damit haben wir uns oft in die Angelegenheiten anderer eingemischt und Unfrieden gestiftet. Lenkt das Hingehen von der eigenen Heillosigkeit ab oder bringt es den bei uns vorhandenen Frieden? Es wäre jedenfalls schön, ein Zentrum des Glaubens zu haben, das eine solche Anziehungskraft entfaltet.
Mich erinnert das Herzulaufen der Heiden an die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland. Könnte es nicht sein, dass mit Christus schon etwas von dieser friedlichen Endzeit angebrochen ist? Dann wäre er auch das Wort, das von Jerusalem ausgeht. Und ich könnte besser mit dem Gericht über die Heiden leben. Es wäre dann die Liebe Christi, an der wir uns alle messen lassen müssten.
Ich kenne das Motto "Schwerter zu Pflugscharen" aus der Friedensarbeit der Kirchen in der ehemaligen DDR. Diese Friedensaufnäher waren der staatlichen Führung ein Dorn im Auge, obwohl unter dem Bibelwort doch das von der Brudermacht Sowjetunion gestiftete Denkmal vor dem UN-Gebäude in New York zu sehen war. Wenn ich mich recht erinnere, stammte der Bibeltext aber aus Micha 4.
Es ist ja erstaunlich, dass die atheistische Sowjetunion ein Bibelwort in ein Denkmal umgegossen hat. Vielleicht besteht ja ein innerer Zusammenhang zu ihrem eigenen Symbol ?Hammer und Sichel?. Aus dem Kriegsschwert soll friedliche Arbeit in den Fabriken und in der Landwirtschaft werden.
Ich erinnere mich daran, dass die Sowjetunion im "Großen Vaterländischen Krieg", wie sie es nannte, ein Schwert von den Alliierten verliehen bekam für den mit vielen Opfern erkämpften Sieg über Hitlers Truppen in Stalingrad. Vielleicht wollte das Denkmal für das UN-Gebäude in New York ausdrücken: Es wird Zeit, das Schwert des Krieges in friedliches Handwerkszeug umzuschmieden. Um so tragischer, dass der Kalte Krieg und das Wettrüsten weitergingen.
Unser Predigttext kommt tatsächlich zweimal in der Bibel vor, in Jesaja 2 und Micha 4. Ob die Menschen es nötig hatten, diese Vision einer friedlichen Welt immer wieder einmal vor Augen geführt zu bekommen, damit sie sie nicht vergessen?
Ich habe entdeckt, dass dieser Text sogar noch ein drittes Mal in der Bibel vorkommt: beim Propheten Joel im vierten Kapitel. Da heißt es in programmatischer Umkehrung: "Macht aus euren Pflugscharen Schwerter und aus euren Sicheln Spieße!" Und das Gericht, das dann über die Heiden hereinbricht, ist ziemlich finster. Ob der Prophet Joel eher recht behalten hat in der Geschichte der Menschheit?
Ich finde es tröstlich, dass es in der Bibel 2:1 steht für den Sieg des Friedens. Und ich finde, wir können selbst viel dazu beitragen, dass die großartigen Worte der Vision der Propheten Jesaja und Micha wahr werden. Besonders Jesaja bezieht uns in seine Vision mit ein: "Kommt, lasst uns wandeln im Licht des Herrn!"
Peter Godzik
Abgedruckt in: Erhard Domay (Hg.), Gottesdienst Praxis - Serie A: III. Perikopenreihe, Band 3: Christi Himmelfahrt bis 12. Sonntag nach Trinitatis, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 1999, S. 128-129.