begabt
Mit diesem letzten Schritt endet die Vorbereitung auf die seelsorgerliche Begleitung Schwerkranker und Sterbender sowie ihrer Angehörigen. Mit einer einfach gestalteten gemeinsamen Mahlfeier (nach Gerhard Liedke) endet am sinnenfälligsten der Weg einer gemeinsamen Vorbereitungsgruppe. Sie selbst gestaltet diesen Abschlußabend in eigener Regie und bringt dazu die vorhandenen Gaben ein.
In der Vorbereitung auf den seelsorgerlichen Dienst an Schwerkranken und Sterbenden haben Leserinnen und Leser dieses Handbuches als einzelne oder Mitglieder einer Vorbereitungsgruppe die je eigenen Gaben kennen- und schätzen gelernt. Dabei ist deutlich geworden: Nicht jede, nicht jeder muß alles können, sondern ist eingeladen, die je eigenen Begabungen und Fähigkeiten zum Wohle schwerkranker und sterbender Menschen einzubringen und zu entfalten.
Eine chassidische Lebensweisheit von Rabbi Sussja aus Hanipol kann uns vor Selbstüberschätzung bewahren:
Falls man mich in der anderen Welt fragen wird:
"Warum bist du nicht wie unser Lehrer Moses gewesen?",
werde ich wissen, was ich zu antworten habe.
Wird man mich aber fragen,
warum ich nicht Sussja gewesen sei,
werde ich keine Antwort wissen.
Ulrich Schaffer hat dieselbe Einsicht in folgende Worte gekleidet:
"Ich glaube nicht, daß Gott an Duplikaten von sich selbst interessiert ist. Sonst hätte er uns ja so schaffen können. Er ist interessiert an Originalen, die ihren eigenen Weg gehen und die durch ihre Selbständigkeit, Eigenart und ihre getroffenen Entscheidungen zu einem Gegenüber für ihn werden können."
Gott beruft uns nicht in eine Aufgabe, für die er uns nicht begabt hat. Die Erfahrungen mit diesem Handbuch in Vorbereitungsgruppen zeigen, daß wir unsere Begabungen gegenseitig entdecken, pflegen und entfalten können. Wir können auch herausfinden, wofür wir nicht so begabt und geeignet sind, und dann eine entsprechende Entscheidung fällen.
Wer sich die drei wichtigsten Gabenlisten im Neuen Testament anschaut (Römer 12; 1. Korinther 12; Epheser 4), dem fällt auf: Jede Liste ist anders. Offensichtlich versteht sich keine dieser Listen als vollständige Aufzählung aller Gaben, die Gott für uns Menschen bereithält. Die Gabenlisten veranschaulichen, wie Gott in bestimmten Situationen bestimmte Gemeinden und bestimmte Menschen gerade mit den Gaben ausgestattet hat, auf die sie angewiesen waren, um ihren speziellen Auftrag in der jeweiligen Situation zu erfüllen.
So können wir am Ende nur dankbar sein, unsere besondere Gabe in der Gemeinschaft mit anderen entdeckt zu haben und nun unter Supervision und fachkundiger Anleitung zum Wohle der anvertrauten Menschen einsetzen zu können.
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