[1] Vgl. dazu auch: Gerhard Nachtwei, Dialogische Unsterblichkeit. Eine Untersuchung zu Joseph Ratzingers Eschatologie und Theologie, Leipzig 1986.
[2] M. Luther, Weimarer Ausgabe Bd. 43, 481: "Wo oder mit wem Gott redet, sei es im Zorn oder in Gnade, derselbe ist gewisslich unsterblich."
[3] J. Ratzinger, Einführung in das Christentum, München 1968, 295.
[4] G. Scherer, Das Leib-Seele-Problem, in: F. Dexinger (Hg.), Tod - Hoffnung -Jenseits, Wien - Freiburg - Basel 1983, 77.
Dialogische Unsterblichkeit
von Hans Kessler
Wenn man statt des heute vielen versperrten Ausdrucks "Auferstehung" der Toten lieber den Ausdruck "Unsterblichkeit" verwenden will, dann muss man - um der inhaltlichen Sache nach nicht etwas anderes, sondern dasselbe anders zu sagen - von geschenkter oder "dialogischer Unsterblichkeit"[1] sprechen: Unsterblich ist nicht eine Seele unabhängig von der heil schaffenden Relation Gottes zum Menschen, sondern der Mensch deswegen, weil Gott ihn bejaht und mit ihm einen Dialog begonnen hat, den er seinerseits nicht mehr abbrechen wird.[2]
Solche im Geliebt- und Angesprochensein von Gott gründende Unsterblichkeit kann "eben ihres dialogischen Charakters wegen als 'Auferweckung' benannt"[3] werden. Mit dem Philosophen Georg Scherer gesprochen: "Eine Hoffnung auf Unsterblichkeit, die sich darauf gründet, dass sich der Mensch einem anderen anvertraut, können wir [...] als Hoffnung auf Auferweckung bezeichnen. Denn Auferweckung meint, dass wir durch den Einsatz einer absoluten, uns liebenden Freiheit aus dem möglichen Sturz in das Nichts gerettet werden."[4]
Dann fällt der Sterbende in seinem Tod nicht in die Vernichtung hinein, sondern - recht verstanden - in die Auferstehung hinein, so dass wohl das Sterben eine zu bestehende Wirklichkeit darstellt, der Tod aber für Glaubende im Grunde gar keine eigentliche Wirklichkeit mehr ist und hat, sondern nur die - empirisch freilich mehrdeutige - "Vorderansicht" des ewigen Lebens in Gott bildet. Sterben (und Tod) als Hinüber- und Heimgang, als Loslassen und Lebenshingabe an Gott und Entgegennahme des neuen Lebens aus seiner Hand in einem: Lebenshingabe und Aufgang neuen ewigen Lebens.
Auszüge aus: Hans Kessler, Jenseits von Fundamentalismus und Rationalismus. Versuch über Auferstehung Jesu und Auferstehung der Toten, in: Hans Kessler (Hg.), Auferstehung der Toten. Ein Hoffnungsentwurf im Blick heutiger Wissenschaften, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2004, S. 296-321, Zitate S. 315-316.