Abschied vom Propstamt

Nach zehn Jahren scheide ich nun aus dem Amt des Propsten des Kirchenkreises Herzogtum Lauenburg aus. In den ersten fünf Jahre war ich zugleich Pastor der Kirchengemeinde St. Petri, mit Wirkung vom 1. Dezember 2002 wurde mir eine Pfarrstelle des Kirchenkreises für das pröpstliche Amt übertragen. Regelmäßige Predigtstätte blieb in all den Jahren die St. Petri-Kirche in Ratzeburg.

Ich habe sehr gern in St. Petri und gelegentlich auch in der Ansveruskirche gepredigt. Ein kleiner Predigtband, der demnächst erscheinen wird, legt Zeugnis davon ab. Dem Verkündigungsdienst waren auch die „Worte zum Sonntag“ gewidmet, die in unregelmäßigen Abständen in den „Lauenburger Nachrichten“ erschienen. Einige von ihnen sind zusammen mit Sonntagsbetrachtungen anderer in dem Band „Lavendelduft und Sommerwind“ (ISBN 978-3-927043-33-6) veröffentlicht worden.

Stolz bin ich auch darauf, dass wir dem immer noch großartigen Band „Land, höre des Herrn Wort“, 1984 von meinem Vorgänger Dr. Hermann Augustin herausgegeben, zwanzig Jahre später einen kleinen Reiseführer mit Fahrrad-Wanderkarte „Kirchen im Kreis Herzogtum Lauenburg“ an die Seite stellen konnten, der von der Schönheit des Lauenburger Landes und seiner Kirchen erzählt.

Den Titel haben wir vor drei Jahren sehr bewusst so gewählt, weil wir ahnten, dass die Tage des selbständigen Kirchenkreises Herzogtum Lauenburg trotz unseres hinhaltenden Widerstandes gezählt sein könnten. Und nun kommt es tatsächlich so: mit Wirkung vom 1. Mai 2009 sollen die Kirchenkreise Lübeck und Herzogtum Lauenburg zu einem Großkirchenkreis Lübeck-Lauenburg verschmolzen werden. Zwei Kirchenkreisbezirke mit je eigener geistlicher Leitung bleiben freilich erhalten, so dass auch in Zukunft von den „Kirchengemeinden im Lauenburger Land“ gesprochen werden kann.

„Mehr als Lauenburger kannst Du nicht werden“, sagte einmal der Uhrmachermeister und Schützenbruder Arno Jörchel zu mir. Und so ist es in den letzten zehn Jahren auch gewesen: Ich habe die Städte Ratzeburg und Mölln, Schwarzenbek, Lauenburg/E. und Geesthacht sowie die Ämter und Gemeinden sehr lieb gewonnen und bin tief in die Geschichte des Lauenburger Landes eingetaucht. Alle Kirchengemeinden, Regionen, Dienste und Werke konnten visitiert werden. Die Visitationsberichte mit Hinweisen und Anregungen für eine künftige Entwicklung füllen einen dicken Band, ebenso die Rechenschaftsberichte vor der Kirchenkreissynode und die Protokolle und Unterlagen der Konvente und Klausurtagungen mit den Pastorinnen und Pastoren des Kirchenkreises. Die Liste der Pfarrstellenwechsel in den letzten zehn Jahren ist lang. Und doch gab es auch Kontinuität und stetige Entwicklung in den Kirchengemeinden, Freude über Gelungenes, manchen Schmerz über Konflikte und nicht mehr zu heilendes Scheitern.

Aber das Resümee der zehn Jahre Propstenamt im Lauenburger Land fällt aus meiner Sicht insgesamt positiv aus: viel Neues konnte auf den Weg gebracht werden, Hinweise und Anregungen gegeben werden, die auch jetzt noch die Gemeinden beschäftigen und in eine gute Zukunft führen wollen. Trotz der deutlichen und öffentlichen Kritik am nordelbischen Reformprozess haben sich beide Kirchenkreise Lübeck und Herzogtum Lauenburg auf gemeinsame Eckpunkte für die Fusion verständigen können, die nach kontroverser Debatte einstimmig beschlossen wurden. Dass der Lübecker Propst Ralf Meister nun auch die „Kommandobrücke“ des hiesigen Kirchenschiffes verlässt, bedaure ich sehr, wünsche ihm aber für sein neues Amt als Generalsuperintendent in Berlin alles Gute und vor allem Gottes Segen.

Es wird Nachfolgerinnen bzw. Nachfolger geben, die gemeinsam mit den ehrenamtlich Verantwortlichen unserer Synoden und Kirchenkreisvorstände das Kirchenschiff auf Kurs halten werden. Auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der gemeinsamen Verwaltung des Kirchenkreises in Lübeck und für das Regionalzentrum der Dienste und Werke in Ratzeburg wird es befriedigende und einvernehmliche Lösungen geben.

Besonders dankbar bin ich im Blick auf das zurückliegende Jahrzehnt für die Erfahrung der guten Zusammenarbeit mit meiner Sekretärin, Frau Karin Possin-Pilhar. Aber auch den Verwaltungsleitern Fischer, Kratzsch, Meike und Schmitt und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kirchenkreisverwaltungsamtes, der Dienste und Werke (einschließlich des Ansverus-Hauses in Aumühle!) sowie allen Ehrenamtlichen in der Leitung unseres Kirchenkreises danke ich herzlich für kritische und konstruktive Mitarbeit.

Mich haben Auslandaufenthalte im Dienst des Kirchenkreises sehr bereichert: in Litauen, Siebenbürgen/Rumänien und Papua-Neuguinea. Durch die Mitarbeit im Verwaltungsrat der Deutschen Bibelgesellschaft kam ich weit in Deutschland herum und durfte auch einmal Gastgeber einer denkwürdigen Vollversammlung in Ratzeburg und Bäk sein. Dienstlich habe ich das Heilungszentrum in Burrswood/England und das Ökumenische Institut in Straßburg/Frankreich besucht; Pröpstereisen führten nach Israel, ins Elsaß, nach Greifswald und nach Prag; privat durfte ich (zusammen mit meiner Familie) für ein paar Wochen Washington und New York kennenlernen – und wieder dienstlich (im Rahmen der Hospizarbeit) einen Hospiz-Vortrag in Wien halten. 

Ich denke besonders gern an die Leseseminare im Petri-Forum zurück: Offenbarung des Johannes als Spiegel der Seele, Befreundet in Gott (Teresa von Ávila und Pater Gracián), Wie Jesus glauben lernte, Wie ein Jude in den Himmel kommt, Bibel und Koran im Vergleich. Ich bin dankbar für die Erfahrung der Lauenburgischen Pilgerwege, das Biblische Kochen, die Bibelstunden im SWR, die Zusammenarbeit in der Evangelischen Allianz und die ökumenischen Gesprächsabende mit dem katholischen Pfarrer Felix Evers.

Höhepunkte waren für mich auch die Lesungen der sechs Barlach-Dramen, die ich miterleben und mitgestalten durfte: Der Graf von Ratzeburg, Der tote Tag, Der arme Vetter, Die echten Sedemunds, Der Findling und Die Sündflut. Schade, dass ich die gemeinsame Lesung der beiden noch fehlenden Barlach-Dramen (Der blaue Boll, Die gute Zeit) hier in Ratzeburg nicht mehr werde miterleben können. Aber wer weiß, vielleicht sind gerade diese beiden Unternehmungen Grund und Anlass genug, nach Ratzeburg zurückzukehren – wie auch manch andere Verbindungen erhalten bleiben werden zu guten Freunden, zu den Jägern, den Schützen, den Ruderern und den Rotariern, wenn meine Frau und ich uns jetzt auf den Weg machen werden, wieder nach Schleswig umzuziehen, woher wir vor zehn Jahren gekommen sind.

Meine Frau, die in den letzten zehn Jahren sehr gern an der Realschule in Schwarzenbek Englisch und Religion unterrichtete, wird sich wieder nach Schleswig versetzen lassen. Ich selber werde für die dreieinhalb Jahre meiner restlichen Dienstzeit eine nordelbische Beauftragung für die „Seelsorge an Sterbenden“ mit Anbindung an das Diakonische Werk in Rendsburg übernehmen. Für dieses Arbeitsgebiet mit den Kontakten zu den Hospizen und Palliativstationen im Lande habe ich in den letzten zwanzig Jahren von Hannover, Schleswig und Ratzeburg aus gearbeitet und auch verschiedene Bücher und Aufsätze dazu veröffentlicht. Ich hoffe sehr, dem geplanten Netzwerk zwischen Kirchengemeinden, Hospizinitiativen und Palliativstationen behilflich sein zu können, das dem Wohlergehen der Menschen und ihrer Freunde und Angehörigen auf der letzten Wegstrecke des Lebens dienen soll. Wer immer sich auch in Zukunft über meine diesbezüglichen Aktivitäten informiert halten möchte, wird Hinweise finden auf meiner Homepage: www.pkgodzik.de.

So scheide ich einerseits wehmütig, andererseits dankbar aus meinem Amt in Ratzeburg – mit dem festen und zuversichtlichen Blick auf eine neue und herausfordernde Aufgabe im Dienst am Nächsten.

Ich grüße Sie alle herzlich, Ihr Peter Godzik