"Hilfe? Ja: Hilfe!"

 

 

"Hilfe, der Propst kommt!“, so mögen manche gedacht oder gesagt haben, als der Brief mit der Ankündigung der Visitation ins Haus flatterte. In der Tat soll die Visitationswoche in der Kirchengemeinde für alle Beteiligten eine Hilfe sein. Im Pfarrergesetz heißt es gar: „Pfarrer und Pfarrerinnen haben Anspruch auf die Hilfe der Visitation“.

Aber es geht gar nicht nur um die Geistlichen. Die ganze Gemeinde wird besucht und angeschaut. Die Visitation umfasst in der Regel alle Bereiche der kirchlichen Arbeit. Die besonderen Gegebenheiten der jeweiligen Kirchengemeinde werden berücksichtigt. Die Verbindung zu den Trägern politischer Verantwortung und allgemein zu den im sozialen und kulturellen Bereich tätigen Personen und Einrichtungen wie auch zu anderen Kirchen und religiösen Gemeinschaften wird in den Blick genommen.

Viele gute Begegnungen haben auf diese Weise in den 19 Visitationswochen, die ich bisher erlebt habe, stattgefunden. Die Stimme der Kirche wird gehört, ihr Beitrag zum sozialen Leben geschätzt. Aber auch nach innen richtet sich der Blick, auf die Schwerpunkte der jeweiligen kirchlichen Arbeit. Die Visitation soll helfen, dass der Auftrag der Kirche in Gottesdienst, Sakramentsverwaltung, Amtshandlungen, Seelsorge und Unterricht wahrgenommen wird, dass die Gemeinschaft der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und aller Gemeindeglieder gefördert, die ökumenische, missionarische, diakonische und öffentliche Verantwortung gestärkt und die Verbundenheit der Gemeinden und übergemeindlichen Einrichtungen untereinander vertieft wird.

 

Die Visitationen sind eine hervorragende Gelegenheit, Menschen in ihrem jeweiligen Umfeld wahrzunehmen und sie in ihrem kirchlichen Engagement zu bestärken. Hin und wieder sind Visitationen auch durchaus problematisch, weil es dem Besucher gelingt, an die chronifizierten Konflikte zu kommen und schwärende Wunden zum Ausbruch zu bringen. Wenn dann der Visitator nicht auch noch ein Problem wird, sondern mithilft, eine Lösung zu finden, dann erweisen sich solche „Vivisektionen“ durchaus als hilfreiche Visitationen, die zur Klärung und Neuausrichtung der Gemeinde und der in ihr lebenden und handelnden Menschen beiträgt. Die Visitation soll helfen, das geistliche Leben der besuchten Gemeinde zu fördern, die Pastorinnen und Pastoren zu beraten und zu stärken, die kirchliche Ordnung zu sichern und die Einheit der Kirche zu festigen.

Solcher Dienst geschieht durchaus nach biblischem Vorbild: Gott sieht, erkennt, besucht und tröstet sein Volk, sein Sohn Jesus Christus hat es ihm nachgemacht und am Ende seine Jüngerinnen und Jünger mit dem Heiligen Geist begabt – mit jener Kraft aus der Höhe, die zuallererst befähigt zu sehen, zu besuchen, zu erkennen, zu trösten und aufzurichten. Auch wenn einmal von „Aufsicht“ die Rede ist, die auf diese Weise wahrgenommen wird – das Wichtigste daran ist der Dienst der Aufmerksamkeit und die Hilfe der Ermutigung.

Propst Peter Godzik