Monatsspruch im September 2005:

 

Jesus Christus spricht: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat. (Lk 12,15)

 

Der Sommer bringt uns wieder heraus aus dem Haus in eine wunderschöne Natur. Auch wenn das Wetter hin und wieder eintrübt oder unbeständig wird: Es liegt ein heller Glanz über der Schönheit dieses Sommers. Wir werden leichter und beschwingter – nicht nur in unserer Kleidung, auch in unserem Herzen und in unserer Haltung.

Wir kommen heraus aus dem Haus der Sorgen, genießen Urlaub und Freiheit von den Alltagsverpflichtungen. In solchen Zeiten brauchen wir eigentlich nur wenig, um glücklich zu sein. Alles ist da, was wir zum Leben brauchen. Wir ahnen etwas von der Leichtigkeit des Seins, die in den tropischen Ländern grundsätzlich vorhanden zu sein scheint, wenn nicht durch Ausbeutung und Ungerechtigkeit das Paradies wieder zunichte gemacht wird.

Wir Nordeuropäer haben gelernt, für die Wintermonate vorzusorgen. Vielleicht hat das ins uns einen Trieb zum Sammeln und Festhalten ausgelöst und tief verankert, den wir nur unter dem blauen Sommerhimmel für eine Zeitlang loslassen können. Jesus ermahnt uns, es mit dem Haben und Behalten-Wollen nicht zu übertreiben: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat (Lukas 12,15).

In seiner Sorglosigkeit und in seinem Vertrauen auf den himmlischen Vater kommt bei Jesus eher die Mentalität eines Sommer- und Sonnenmenschen zum Tragen: Es ist ja alles da, was wir zum Leben brauchen; der himmlische Vater sorgt für uns. Wir dürfen leichter und unbeschwerter durchs Leben gehen, weil jeder Tag eine kleine Überraschung bereit hält: Es ist genug Liebe und Freundlichkeit da, wir brauchen nur unser Herz zu öffnen, um die uns zugedachten Gaben der Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes zu sehen. Ob es gelingt, etwas von dieser Sommer- und Urlaubsleichtigkeit mit in den Alltag zu nehmen?

Wir werden wieder Pläne schmieden, Termine abmachen, Aufgaben lösen, den Alltag bewältigen. Wir werden auch wieder Vorsorge treiben, Vorräte sammeln und uns einrichten auf einen langen Winter. Aber wir sollten diese in unseren Breitengraden so wichtigen Tugenden auch nicht übertreiben und allzu gierig werden, Besitz anhäufen und unfrei werden. Sonst muss der nächste Sommer wieder kräftig an uns arbeiten: der frische Wind, die strahlende Sonne, das kühlende Wasser.

Wir brauchen diese Zeit, in der Gott an uns arbeitet: mit Ruhe und Aufhellung, mit Leichtigkeit und Ermunterung. Er umgibt uns mit dem großen Reichtum seiner Schöpferkraft und mit seinem Wort, von dem wir viel mehr leben, als wir manchmal ahnen.

 

Peter Godzik, Propst in Ratzeburg