Wort zum Sonntag für die LN am 3. Juni 2007

 

Spuren in der Bibel: Vestigia Trinitatis

 

Am heutigen Sonntag feiern wir das Trinitatisfest. Drei (tres) und doch eins (unitas) – das beschreibt das Geheimnis des christlichen Gottesverständnisses. Gott enthält schon in sich selber Person und Gespräch – als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Gott enthält in sich Dynamik und Entwicklung.

Als Menschen sind wir hineingenommen in diese Bewegung. Wir dürfen nämlich erwachsen werden auch im Glauben. Solange wir Kinder sind, haben wir Vater und Mutter als Bezugspersonen. Das wirkt sich aus auf unser Gottesbild: Gott ist wie ein Vater oder wie eine Mutter für mich. Wenn wir erwachsen werden, verlassen wir Vater und Mutter und wenden uns einem gleichaltrigen Partner, einer gleichaltrigen Partnerin zu. Auch Gott ist solch ein Freund und Partner auf dem Lebensweg, ein Mensch wie ich in Jesus Christus – doch ohne Sünde. Und wenn wir später ohne Partnerin oder Partner auskommen müssen und allein zurückbleiben, spüren wir inwendig den Trost in der Erinnerung an gutes, gemeinsames Leben. Auch das spiegelt sich in Gott wider: im Heiligen Geist, der uns in alle Wahrheit leitet.

Christlicher Gottesglaube fixiert nicht auf kindlichen Stufen, sondern ermöglicht Wachstum und Freiheit: Gott ist über mir, neben mir, in mir. Manche meinen, dass sei hoch spekulativ und wenig biblisch begründet. Das stimmt in gewisser Weise: Die Trinitätslehre steht nicht so einfach in der Bibel. Aber es gibt Spuren ihrer Wirkung und Wirklichkeit – „vestigia trinitatis“.

Eine Spur finden wir im Bild der drei Männer, die Abraham und Sara besuchen im Hain zu Mamre. Die Geschichte wechselt von drei auf eins und wieder von eins auf drei. Gott ist Person und Gespräch – und wir sind hineingenommen, damit wir wachsen und uns entwickeln dürfen, damit unsere Hoffnung zur Welt kommt und neues geboren wird.

Eine andere Spur: Der aarontische Segen aus 4. Mose 6,22-27, der in den evangelischen Predigten des heutigen Sonntags ausgelegt wird:

So ist der dreieinige Gott: er behütet, er ist gnädig, er schenkt Frieden – als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Er möchte, dass wir hineinwachsen in solches Personsein, in solches Gespräch, in solches Verhalten. Damit wir werden wie er – menschlich und kommunikativ, eben: dreieinig.

 

Peter Godzik, Propst in Ratzeburg