Leitartikel für den St. Petri-Gemeindebrief Februar-März 2002

 

Apostolische Vermögensberatung

 

„Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht: Christus“ (Philipper 4,13)

 

Liebe Gemeinde!

 

Zu Beginn dieses Jahres war er in aller Munde und Hände: der Euro. Wir haben gelernt, mit dem neuen Geld zu rechnen und umzugehen. Wir haben uns bei der Bank beraten lassen in allerlei Geld- und Vermögensangelegenheiten.

Ebenfalls zu Beginn des neuen Jahres ist uns ein Text des Apostels Paulus begegnet, der auch von „Vermögen“ spricht (Phil. 4,10-13 – Predigttext für den Neujahrstag 2002). Aber mit diesem Vermögen ist kein Geld gemeint, sondern eine Kraft zu glauben und zu vertrauen.

Ich möchte Sie einladen, mit mir zusammen in die Lebens- und Vermögensberatung beim Apostel Paulus zu gehen und von ihm zu lernen, wie wir das Leben richtig anpacken und gestalten.

In Phil. 4,10 ist von „eifrig“ sein die Rede. Im griechischen Urtext steht dort ein Wort, das „aufblühen“ bedeutet. Wir sollen also angesichts des Neuen, das auf uns zukommt, nicht die Flügel hängen lassen und müde und resigniert auf das warten, was uns nun wieder zugemutet wird. Wir sollen aufwachen, mutig ans Werk gehen, Eifer und Fleiß in eine Sache stecken und dabei entdecken, dass wir selbst aufblühen und auch andere zum Aufblühen bringen können.

Das zweite Stichwort lautet: „fürsorglich sein, für jemanden sorgen“ (Phil. 4,10). Das Geheimnis der Fürsorge für andere ist: Ich habe eine Aufgabe, die mich ausfüllt, und ich schaue weg von mir selber. Fürsorglichkeit befreit von aller Ängstlichkeit und Selbstbezogenheit und gibt dem Leben wieder eine Aufgabe und darin einen tiefen Sinn.

Dann ist vom „bedacht sein auf“ (Phil. 4,10) die Rede. Das meint eine gewisse Konzentration und Ausrichtung der Kräfte auf ein langfristig angestrebtes Ziel. Es ist wie bei einer Taschenlampe im Dunkeln: Diffuses Licht lässt den Weg nicht erkennen, erst die „Fokussierung“ des Lichtstrahls, das Bündeln und Ausrichten der Kräfte führt weiter. Erst wenn ich die richtige Grundeinstellung gefunden habe für meinen Weg in die Zukunft, dann macht es nichts, wenn es auch mal Umwege und Verzögerungen gibt.

Das vierte Stichwort zur Entwicklung unseres „inneren Vermögens“ heißt „genügsam sein, sich genügen lassen“ (Phil. 4,11). Schon mancher hat sich mit Eifer in eine Sache gestürzt und wollte alles auf einmal erreichen und ist gerade daran gescheitert. „Sich genügen lassen“ heißt Schritt für Schritt seinen Weg gehen, auf die Entwicklung und das Vorankommen achten und nicht alles auf eine Karte setzen.

Den fünften Rat des Apostels entnehme ich seiner Lebenserfahrung (Phil. 4,12). Er konnte Überfluss aushalten und Mangel erleiden, ohne seine persönliche Zielorientierung zu verlieren. Er war vertraut mit Extremen, mit Grenzerfahrungen des Lebens. Wir müssen uns nicht mutwillig allem und jedem aussetzen, aber doch ein wenig erfahren sein in den Grenzregionen des Lebens. Dann können wir unsere eigenen Kräfte besser einschätzen.

Die Quintessenz der Lebens- und Vermögensberatung beim Apostel Paulus steckt in einer tiefen Einsicht: Das Wichtigste im Leben ist nicht selbstgemacht, sondern geschenkt (Phil. 4,13). Paulus hat sich nicht hingesetzt und ein „Lebensberatungsprogramm“ entwickelt zur richtigen Entfaltung der in uns steckenden Kräfte. Solche Programme konnte man zu allen Zeiten irgendwo erwerben. Auch heute gibt es sie sehr fein und vielfältig gestaltet überall zu kaufen. Die entscheidende Erfahrung in der Entfaltung eigener Kräfte und eigenen Vermögens ist die Erfahrung des Zuwachses und des Geschenkes: Es wird mir geschenkt, es wächst mir zu, was ich zum Leben brauche. Du kannst es, Du schaffst es, Du bleibst auf dem richtigen Weg, weil Du Gottes geliebtes und gesegnetes Kind bist. Gott hat Dich im Blick, er kennt Dich, er sorgt sich um Dich, er beugt sich herab, sucht Dich auf, sucht Dich heim – mit Menschen- und mit Engelszungen.

„Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht – Christus.“ Das ist die Quintessenz der Lebens- und Vermögensberatung des Paulus. Damit wagen wir es, in ein neues Jahr mit neuen Herausforderungen zu gehen.

 

Ihr Propst Peter Godzik