In Barlachs Drama "Die gute Zeit" (1929) stoßen auf einer Insel zwei unterschiedliche Personengruppen aufeinander: eine moderne und eine archaische Gesellschaft. Im Laufe des Geschehens wird deutlich, dass es in beiden Bereichen um ähnliche Grundkonflikte im Zusammenleben der Menschen geht: um das Verhältnis der Geschlechter zueinander, um das Lebensrecht der nachfolgenden Generation, um Schuld und Sühne, um Bequemlichkeit und das Bedürfnis aller Beteiligten nach einer möglichst "guten Zeit". Nur: Was ist gut und was dient dem Leben?
Beide Parallelgesellschaften, die moderne wie die archaische, werden in besonderer Weise herausgefordert, ihre jeweilige Antwort zu geben. Es kommt aber auch zu menschlichen Begegnungen, zu Austausch und Angleichung der Kulturen. Auf dem Höhepunkt des Geschehens tritt eine Gestalt der modernen Welt sühnend und sich aufopfernd für eine Gestalt der archaischen Welt ein. Barlach modifiziert bei dieser Gelegenheit das christliche Grundsymbol: Am Kreuz stirbt eine Frau stellvertretend für einen anderen, seine Schuld auf sich nehmend - freilich mit dem Clou, bei dieser Gelegenheit auch ein eigenes Problem zu lösen. Selbstlosigkeit, so stellt es Barlach dar, ist oft genug so selbstlos nicht.
Barlach äußert sich zu diesem Drama im Tagebuch vom 18. Januar 1930: "Wie lebt sich's denn in diesem Leben, geht's etwa gut, sind wir in der guten Zeit, lohnt es sich, oder wär's etwa besser nicht - da stimmt was nicht. Aber eine Stimme ist doch, eine feste, die antwortet: Setzt euch in Übereinstimmung mit euch selbst, schafft in euch Wissen vom Wohlverhalten vor dem eignen Urteil - und ihr habt die gute Zeit." (P II 406)