Im Drama "Der Graf von Ratzeburg", um das Barlach bis zu seinem Tod 1938 rang, verliert Graf Heinrich seine Herrlichkeit, wird demütig, lehnt das Haben ab und wird dafür von seiner Familie für schwachsinnig gehalten. Auf einer Pilgerfahrt ins Heilige Land begleitet ihn sein Knecht Offerus. Beide wollen dem Höchsten dienen: für Heinrich ist es das Gesetz, für Offerus wird es Christus sein, dessen Stärke er begegnet; so wird aus ihm Christoffer. Auf dem Weg ins Heilige Land begegnen beide vielen, die um den Sinn menschlicher Existenz ringen.
Es geht dem Drama nicht um die Folgerichtigkeit eines Geschehens, sondern um die Haltung des Einzelnen, um den Sinn menschlicher Existenz. Barlachs Helden wollen als Werdende zu ihrem eigentlichen Ich gelangen. "Jener, der du als Vollendeter sein würdest, der sei dein Herr, und als der, der du bist, diene ihm so lange, bis du zu ihm hinaufgedrungen bist", empfiehlt der Asket Hilarion dem Christoffer (D 549). Zurückgekehrt in die Heimat erfährt der Graf die Ablehnung seiner Frau und die Trauer seines Bruders. Er verabschiedet Christoffer mit den Worten: "Sei im Suchen dein eigener Herr, der die Herrlichkeit des Herrlichsten aus seiner eigenen Seele schöpft" (D 572). Heinrichs Leben vollendet sich, als er anstelle seines zum Landstreicher gewordenen Sohnes, der fliehen kann, von den Möllner Stadtsoldaten erschlagen wird. Das Drama endet mit deren zynischen Worten: "Was Pein, was Recht, was heilig, was wer weiß was sonst - füttert unsre hungrigen Nasen mit seinem Gestank! - und damit gut und genug!" (D 573)
Am 24. Oktober 1938 stirbt Ernst Barlach in Rostock und wird am 28. Oktober 1938 in Ratzeburg begraben. Die Reichspogromnacht im November 1938 und die ihr folgenden Ereignisse von Krieg, Vertreibung und Vernichtung erlebt er nicht mehr. Dass dieser Schreckensherrschaft doch noch eine menschliche Zukunft folgt, war da nicht abzusehen.