... Wir kamen auf Moeller van den Bruck. [Ernst Barlach:] "Er hat sehr gut über Italien und über den Preußischen Stil geschrieben. Aber sein Buch 'Das Dritte Reich' kann ich nicht lesen. Es ist unreif, tertianerhaft. Jeder Satz ein Schlag mit dem Dreschflegel. Wuchtig! Aber es kommt nichts danach. Sie sehn: ich bin eigentlich ein boshafter alter Affe, aber den Leuten macht es mehr Spaß, mich für einen gutherzigen Theologen zu halten." ...
Reinhard Piper: Güstrow 1934, in: Ernst Barlach: Werk und Wirkung. Berichte, Gespräche, Erinnerungen. Gesammelt und herausgegeben von Elmar Jansen, Berlin: Union 1972, S. 439.
Elmar Jansen: Pipers "Erinnerungen eines Verlegers", die sich mit Barlach ausführlich befassen, erschienen in zwei Teilen. Hier aus: Nachmittag (1950), S. 156-185, mit Genehmigung von Herrn Klaus Piper, der Text über die Begegnungen in Güstrow 1928 und 1934. Die darin angeführte wörtliche Rede Barlachs stimmt in einigen Fällen mit dem Wortlaut von Briefen Barlachs an Piper überein.
Ernst Barlach: Werk und Wirkung. Berichte, Gespräche, Erinnerungen. Gesammelt und herausgegeben von Elmar Jansen, Berlin: Union 1972, S. 537.
Ernst Barlach war voller Spott für die, die ihn allzu religiös oder gar kirchlich vereinnahmen wollten: "Sie sehen, ich bin eigentlich ein boshafter alter Affe, aber den Leuten macht es mehr Spaß, mich für einen gutherzigen Theologen zu halten" (in einem Brief 1934 an Reinhard Piper).
Und doch setzte er sich unentwegt mit religiösen Themen auseinander: mit Selbstmord, bürgerlicher Anständigkeit, Schuld und Vergebung, mit Pilgerfahrt und der Frage nach dem wahren Herrn. Im Grafen von Ratzeburg geht es um ein Thema, dass erst viel später von Erich Fromm aufgegriffen wurde: Haben oder Sein.
Peter Godzik, Würdigung Ernst Barlachs zum 70. Todestag, Oktober 2008.