Im gleichen Jahr [1908] erhielt Hans Poelzig den Auftrag, das imposante Rathaus in Löwenberg in Schlesien (Lwówek Śląski) umzubauen. Er lud daraufhin seine Freunde und Mitarbeiter, die Lehrer und Schüler der Breslauer Königlichen Kunst- und Gewerbeschule zur Zusammenarbeit an diesem Projekt ein. Max Wislicenus hatte nun erstmals die Gelegenheit, einen Gobelin für die Ausstattung eines konkreten Innenraums zu entwerfen. Es handelte sich hierbei um eine große Wandfläche im Standesamt des Rathauses. Der Auftrag wurde unter Mitarbeit von Wanda Bibrowicz in den Webwerkstätten der Breslauer Königlichen Kunst- und Gewerbeschule ausgeführt.
Der Gobelin stellt das Panorama von Löwenberg in Schlesien im 16. Jh. dar, mit einem Blick auf die große Mauer dieser malerischen Stadt in den Strahlen der untergehenden Sonne. Die über die Stadtmauern hinausragenden Gebäude wurden in ihrer Zeichnung und Stimmung in der Konvention alter Holzschnitte ausgesprochen subtil behandelt. In der Ferne konnte man den von niedrigen Hügeln, über denen sich ein wolkenbedeckter Himmel wölbt, umschlossenen Raum erblicken. Auf einem in einiger Entfernung von den Mauern führendem Weg wurden Vertreter der diversen Stände gezeigt. Unter ihnen ein Gelehrter, ein Ritter zu Ross mit Hund, zwei feierlich gekleidete Damen, ein Wanderer und ein Lehrling. Alle Personen sind in mittelalterlichen Gewändern dargestellt. Der besondere Wert der Komposition besteht in einer gekonnten Zusammenstellung der Schauplätze und der reichen Ornamentik. Der Gobelin aus Löwenberg zeichnete sich durch eine meisterhafte Ausführung und eine besondere Erzählstruktur aus. Leider gilt er seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen, er wurde vermutlich nach Russland ausgeführt und ist nur von Fotografien bekannt.
Das zweite für das Rathaus realisierte Objekt ist in einem ausgezeichneten Zustand erhalten geblieben und befindet sich im Standesamt in Löwenberg. Die Tapisserie stellt auf sich zukommende Löwen und einen zwischen ihnen situierten fünfarmigen Kerzenhalter dar. In der Mitte des länglichen Gobelins befindet sich ein Efeukranz, das Symbol der ehelichen Verbindung. Der Gobelin hängt hinter den Stühlen, auf denen die Verlobten Platz nehmen.
Der dritte ein wenig kleinere Gobelin dieser Serie stellt das Wahrzeichen von Löwenberg in Schlesien dar und schmückt die Wand über der Eingangstür; auch er blieb in einem ausgezeichneten Zustand erhalten. In den Breslauer Werkstätten wurden auch Textilien in der Kelimtechnik hergestellt, die als Polsterung für die Eichenstühle und die übrige Ausstattung des Standesamtes verwendet wurden.