Zum größten und hervorragendsten Werk ihres Lebens wurde der aus zwölf Teppichen bestehende Ratzeburger-Gobelin-Zyklus, der für das Kreishaus in Ratzeburg hergestellt worden ist.
Den Auftrag für diesen Zyklus erhielt die Künstlerin durch Vermittlung von Hans Poelzig als Dank und Anerkennung ihrer pädagogischen Arbeit in der Breslauer Königlichen Kunst- und Gewerbeschule in den Jahren 1904-1911 (ab 1911 Kunstakademie). Das Werk sollte den Großen Sitzungssaal im Kreishaus von Ratzeburg schmücken. Das Projekt sah die Dekoration des Innenraums mit einem Gobelinfries auf einer Fläche von 60 m2 oberhalb der Wandtäfelung aus dunkler Eiche an allen vier Wänden vor. Die Bildmotive sollten [neben Aspekten der lauenburgischen Geschichte] die alten Städte des Kreises charakterisieren: Ratzeburg, Lauenburg und Mölln. An diesem Auftrag arbeitete die Künstlerin acht Jahre. Die bereits in Schreiberhau (heute Szklarska Poręba) 1914 in Angriff genommene Arbeit beendete sie erst auf Schloss Pillnitz bei Dresden, wohin sie nach 1919 zog.
Am 14. Februar 1914 erhielt die Künstlerin vom Preußischen Kultus-, Kunst- und Bildungsminister die Nachricht, dass auf der Sitzung der Landeskulturkommission am 20. Januar 1914 die endgültige Entscheidung fiel, den Sitzungssaal mit von der Künstlerin entworfenen Gobelins zu schmücken. Der Vorschlag der Landeskulturkommission fand die volle Unterstützung des Preußischen Kultusministers, der die Auffassung vertrat, dass man dadurch zur Erneuerung einer in Vergessenheit geratenen Kunstart beitragen kann. Die Künstlerin nahm als Eigentümerin der Kunstweberei in Schreiberhau den Auftrag an. Am 27. Juni 1914 erhielt sie dann den offiziellen Auftrag. Am 8. Oktober 1914 vereinbarte man ein Honorar in Höhe von 35.000 Mark, am 14. April 1919 erhöhte man es inflationsbedingt auf 38.000 Mark. Der endgültige Wert der Arbeiten wurde am 10. November 1920 festgelegt und umfasste Arbeits- und Materialkosten in Höhe von 44.000 Mark. Den erhaltenen Dokumenten ist allerdings nicht zu entnehmen, ob das Honorar nochmals erhöht worden ist. Bekannt ist nur, dass die Künstlerin nach dem Ende des Ersten Weltkriegs einen neuen Kostenplan vorlegte, in dem sie erneut die Inflation und die neue wirtschaftliche und finanzielle Lage berücksichtigte. Man kann davon ausgehen, dass für die Gobelins des Sitzungssaals nun 44.000 Mark gezahlt worden sind.
Max Wislicenus erinnert sich in seinen Schriften, dass Wanda Bibrowicz keinen finanziellen Erfolg erzielte. Das nominal hohe Honorar, das sie vom Staat für ihre Arbeit erhielt, wurde von der Inflation völlig entwertet. Befriedigung lieferte ihr nur das Interesse an ihrem Werk in Dänemark, Holland und Schweden.
Am 18. Januar 1922 erreichten die zwölf Gobelins Ratzeburg, unterwegs wurden sie noch im Kunstgewerbemuseum in Berlin (1921) und im Museum Altona in Hamburg vorgestellt. Die räumliche Anordnung der Arbeiten in Ratzeburg verzögerte sich aufgrund der Renovierungsarbeiten im Ratzeburger Sitzungssaal. Schließlich wurde der Saal am 16. November 1922 feierlich eingeweiht und die Gobelins wurden ausgestellt. Als Ehrengäste trafen unter anderem ein: Präsident Kürbis, der bei dieser Gelegenheit erstmals den Kreis des Herzogtums Lauenburg besuchte, Oberregierungsrat Dr. Abegg, Vizepremier und Lübecker Bürgermeister Dr. Neumann, Landdrost Nahmmacher aus Schönberg. Es erschienen auch Vertreter der Webwerkstätten aus Pillnitz, die Entwerferin und Autorin der Werke Wanda Bibrowicz selbst und Max Wislicenus. Über das Ereignis wurde in der Presse berichtet.
Die im Ratzeburger Sitzungssaal des Kreishauses erhaltenen Werke haben einen großen Wert und überdauerten glücklicherweise bis heute. Ihr Inhalt ist mit der frühesten Geschichte des Landes verbunden und ihre Ausführung macht sie auch heute noch für jeden lesbar. Die Arbeiten laden mit ihrem ikonographischen Programm zu Studien und zur wissenschaftlichen Beschäftigung aus geschichtlicher und kunstgeschichtlicher Perspektive ein, sie ermöglichen auch Schlüsse wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Art, können aber auch zur Rekonstruktion von Legenden und Fabeln inspirieren. Eine Abhandlung über die Werke von Wanda Bibrowicz stellt die Studie von Dr. Langenheim dar, aus der man die mit der Christianisierung der umliegenden Gebiete und ihrer Eingliederung in deutsche Staatlichkeit verbundenen historischen Personen erkennen kann.