Und es war ein Mann in des Königs Dienst, des Sohn lag krank zu Kapernaum. Dieser hörte, dass Jesus kam aus Judäa nach Galiläa, ging hin zu ihm und bat ihn, dass er hinabkäme und hülfe seinem Sohn: denn der war todkrank (Joh. 4,47).
An der Geschichte von der Heilung des Sohnes des königlichen Beamten habe ich gelernt, wie krank Kinder an der Befehlsgewalt ihrer Eltern werden können. Für sie ist es eine befreiende und heilsame Erfahrung wenn sie entdecken, dass auch die Eltern hilflos sein können und andere um Hilfe bitten. Ja, ich kenne Kinder, die nur deshalb so hartnäckig an ihrer Krankheit festhalten, weil sie ihre eigenen Eltern lehren wollen, demütig zu werden und gemeinsam eine Macht zu finden, in der beide geborgen sein können.
Deshalb ist es so wichtig, dass Eltern, Erzieher und Kinder zu einem gemeinsamen Glauben finden, der sie trägt Kinder spüren dann, dass die Großen nicht ihre eigene Macht und Herrlichkeit weitergeben, sondern sich einer Liebe verpflichtet fühlen, der sie auch selber trauen in ihrem Leben. Es ist heilsam für Kinder zu erleben, dass ihre Eltern und Erzieher Bittende sind. Kinder nehmen es sehr übel, wenn sie später einmal merken, dass Gott als Erziehungshilfe mißbraucht worden ist, der doch eigentlich ihre Freiheit und ihre Selbständigkeit will.
Von Gott sollten sich die Eltern und Erzieher lieber selber etwas gesagt sein lassen, als ihn gegen andere zu wenden - und sei es noch so gut gemeint. "Der liebe Gott sieht alles" - wie viele unheilvolle Ängste sind schon über diesen Satz geweckt worden, der in seiner Tiefe doch wahr ist. Ja, es gibt einen, der uns anschaut und versteht, der uns in Schutz nimmt und heil macht, damit wir leben können. Ihn wollen wir bitten - Eltern, Erzieher und Kinder gemeinsam.
Aus: Peter Godzik, Das Wunder, heil zu werden. Biblische Anregungen für die "Gesundheitserziehung", in: Theorie und Praxis der Sozialpädagogik 93 (1985) 58-62.