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Aussegnung des verstorbenen Bischofs em. Manfred Müller
ISBN 978-3-927043-63-3

Aufbahrung und Aussegnung des Verstorbenen

Aufbahrung

Seit der Tod immer häufiger im Krankenhaus oder im Alten- und Pflegeheim eintritt, ist die früher übliche Form der Aufbahrung an den drei Tagen bis zur Bestattung immer mehr in den Hintergrund getreten. Während ältere Menschen aus ländlicher Umgebung sich noch gut daran erinnern können, wie sich früher die Nachbarn im Sterbehaus versammelten und man gemeinsam Erinnerungen über das Leben des Verstorbenen austauschte, verschwanden diese Bräuche in den letzten Jahrzehnten fast vollständig.

Von kirchlicher Seite, vor allem im Protestantismus, wird die Frage des Lebens nach dem Tod immer mehr zurückgedrängt. Die "Ganztod-Theologie" vertritt die Auffassung, nach dem Tod sei alles zu Ende und die Seele des Menschen werde erst am Jüngsten Tag, zum Weltgericht, von Gott für die Auferstehung wieder neu geschaffen. Die Frage, wie die Existenz des Menschen zwischen Tod und Auferstehung zu denken sei, bleibt unbeantwortet. Als theologischen Fachbegriff erfand man den Namen "eschatologische Lücke".

Aus der Haltung heraus, es könne keinerlei Erkenntnisse über das Leben nach dem Tod geben, lassen sich natürlich auch keine Kriterien für das Handeln ableiten. Die Ratlosigkeit angesichts des Todes und des Toten kann oft nur dadurch überwunden werden, dass man der Frage ausweicht.

Oft ist es üblich, den Verstorbenen noch im Sterbehaus aufzubahren, bei bäuerlichen Anwesen vielleicht auch in der festlich geschmückten Tenne oder einem anderen Nebengebäude. Der Sarg wird mit Blumen geschmückt, Kerzen werden aufgestellt. Lebenserinnerungen werden erzählt, man spricht das Vaterunser und Fürbittengebete. Gelegentlich bleibt eine Totenwache auch die Nächte hindurch anwesend.

Im Licht der Kerzen finden wir den Übergang zwischen der sinnlichen und der übersinnlichen Welt. Die Materie des Wachses wird durch die Verbrennung in einen höheren unsichtbaren Zustand hinübergeführt. Das sichtbare Licht und die Wärme bilden eine Brücke zum geistigen Licht und der Wärme der göttlichen Liebe. Auf das Antlitz des Verstorbenen sollte kein Schatten fallen. ...

Solche Bräuche helfen, die Tage bis zur Bestattung auf ruhige, festliche Weise zu gestalten. Auch für die Angehörigen ist es eine besondere Gelegenheit, dem Verstorbenen einen letzten Liebesdienst hier auf der Erde zu erweisen. In die Umgebung des Verstorbenen die Schönheit der Erde hereinzuholen, vielleicht seine Lieblingsblumen zu suchen, sind Handlungen, die in dem schweren Umbruch, den ein Todesfall darstellt, helfen können, sich selbst und die Beziehung zu dem Verstorbenen wiederzufinden und bewusst zu formen.

Dazu gehört vor allem, im Umkreis des Aufgebahrten aus dem Evangelium zu lesen. Wenn man in dem Bewusstsein, dass das Erdenleben des Christus Jesus die Ur-Menschenbiografie ist, auf das vergangene Leben eines lieben Angehörigen hinschaut, fällt dabei oft auf die für diesen Menschen besonders wichtigen Stellen ein neues Licht. Auf diese Weise in die Tiefe des Evangeliums einzutauchen, kann in diesen Tagen trotz Ernst und Trauer zu beglückenden Erlebnissen führen.

Während des Zeitraumes der Aufbahrung sind das Vaterunser, das Evangelium und das Erinnern der Biografie die wesentlichsten Inhalte der Begleitung. ... Indem die Anwesenden nach dem Vaterunser ihre Gedanken dem zukünftigen Reich zuwenden, in das der Verstorbene wandert, erwacht er langsam immer deutlicher durch die Kraft des Christus, der ihm auf diesem Wege begegnet und seiner Seele die Fähigkeit erschließt, in der geistigen Welt zu schauen.

Solange die Seele in der anderen Welt noch nicht wahrnehmen kann, fühlt sie sich wie schlafend und kann noch nicht auf ein ihr bewusstes Ziel zugehen. Je deutlicher sie jedoch wahrnehmen lernt, desto lebendiger wird sie durch die Kraft des Christus und ergreift aktiv die Verarbeitung ihres Schicksals.

Wenn am Ende der Aussegnung die gleichen Worte ... gesprochen werden wie am Anfang, ist dies nun verbunden mit der Nennung des Namens des Verstorbenen. Dadurch wird für alle Anwesenden erlebbar, dass der Verstorbene sein Selbstbewusstsein neu ergreifen und sich an seinen neuen Zielen orientieren kann. Die Kraft des geweihten Wassers hilft ihm in diesem Augenblick, alle Lebenskräfte, die noch mit der Umgebung und mit dem Leib verbunden sind, zu lösen, sodass ein freier Übergang in die andere Welt möglich wird.

Ursula Hausen, Den Tod als Freund erleben lernen, 2004, S. 113 ff.

Aussegnung

Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Ehe wir den Leib unseres/unserer ... aus dem Haus tragen, wollen wir miteinander beten:

Herr, lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden.

Herr Jesus Christus, du hast durch deinen Tod dem Tode die Macht genommen. Wir bitten dich: Sei in dieser schweren Stunde unter uns mit deinem Trost und mit deiner Gnade. Gib uns die Gewißheit, daß wir nicht dem Tode ausgeliefert sind, sondern in deiner Hand bleiben im Leben und im Sterben.

Richte unsere Gedanken auf dein Kreuz, an dem du für alle Menschen gestorben bist und laß uns die Kraft deiner Auferstehung erfahren, damit wir auch in unserem Sterben deiner Gegenwart gewiß werden im Glauben. Amen.

(Es kann auch ein freies Gebet gesprochen werden.)

Gemeinsames Vaterunser:

Vater unser im Himmel!
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Abschiedssegen (zum Verstorbenen gewandt):

Es segne dich Gott, der Vater,
der dich nach seinem Bild geschaffen hat.
Es segne dich Gott, der Sohn,
der dich durch sein Leiden und Sterben erlöst hat.
Es segne dich Gott, der Heilige Geist,
der dich zum Glauben gerufen und geheiligt hat.
Gott der Vater und der Sohn und der Heilige Geist
geleite dich durch das Dunkel des Todes.
Er sei dir gnädig im Gericht
und gebe dir Frieden und ewiges Leben. Amen.

Herr, behüte uns vor allem Bösen,
behüte unsere Seelen.
Herr, behüte unseren Ausgang und Eingang
von nun an bis in Ewigkeit. Amen.