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Fritz Hanel

 

Literatur:

Eckehard Schwanke: Gedanken zur Malerei von Fritz Hanel. In: Gemeinde aktuell. Evang. Kirchengemeinde Nieder-Roden, Juli/August/September 2010, S. 26-28.

Angelika Schmidt-Biesalski (Hrsg.): WeiterGehen 2020. Thema: Spuren. Texte zum Nachdenken für jeden Tag, Lahr: Kaufmann 2019; darin: Peter GodzikLebensspuren. Betrachtungen für die Woche vom 14.-20. Juni 2020.

Fritz Hanel (1908-1994)

Lebenslauf eines Künstlers, der seinen Lebensabend in Nieder-Roden verbrachte. Für das Gemeindeblättchen der Nieder-Rodener Kirche aufgeschrieben von seiner Tochter Ingrid Moller, geb. Hanel.

Ältere Bürger Nieder-Rodens erinnern sich noch an Fritz Hanel, der von 1971-1994 in Nieder-Roden lebte und dort wie viele andere Persönlichkeiten seine Talente, seine Hilfsbereitschaft und seine Ideen in allen möglichen Sparten des Nieder Roder Gemeindelebens einbrachte.

Er war ein Künstler, ein Maler, der sich als Autodidakt ein Leben lang weiterbildete und -entwickelte. Sein größtes Interesse galt der abstrakten Malerei. Bis auf die Kriegsjahre und einige Monate in Flensburg nach Kriegsende übte er seine Kunst neben seinem Beruf als Beamter in seiner Freizeit aus. Erst später dann in Nieder-Roden nach Ende seines beruflichen Lebens konnte er sich, so oft er wollte, und mit uneingeschränkter Freude seiner Malerei widmen.

Fritz Hanel wurde im Jahr 1908 in Breslau geboren. Bereits als Schüler im Breslauer Zwingergymnasium war er ein gefragter Maler und Zeichner. Fur Schulfeste wurden Dekorationen, Plakate, Bühnenbilder gebraucht. Auch privat bekam er Aufträge und konnte sich so sein Mal- und Zeichenmaterial finanzieren.

Nach dem Abitur im Jahr 1929 absolvierte er eine Ausbildung zum Verwaltungsbeamten des Breslauer Konsistoriums, der Dienststelle der evangelischen Landeskirche von Schlesien. Danach heiratete Fritz Hanel die junge Breslauerin Rosemarie, die ihm ein Leben lang Raum und Möglichkeiten bot, daß er seiner Malerei und seinen Interessen nachgehen konnte. Das Paar bekam 3 Töchter. Der Vater malte deren Kinderzimmer mit herrlichen Zirkus- und Märchenmotiven aus und modellierte zur Dekoration aus Ton ausdrucksstarke Clownfiguren, Tänzerinnen und Zaubergestalten.

Den Krieg erlebte F. H. hauptsächlich in Rußland. Für die Wehrbetreuung und Ruhepausen der Soldaten gab es bei seiner Einheit ein Soldatenheim, das er ebenfalls ausmalen und künstlerisch gestalten konnte.

Dann Anfang 1945 befanden sich die deutschen Soldaten auf dem Rückzug vor den Russen. In mörderischen Gefechten fielen die meisten Kameraden. Fritz Hanel wurde schwer verwundet aber gerettet, schließlich nach Flensburg transportiert und bald auch geheilt aus dem Lazarett entlassen.

Er war immer ein kontaktfreudiger Mensch und so erhielt er bald eine Menge Aufträge fur Bilder, Illustrationen fur Kinder- und Märchenbücher usw., womit er während der Nachkriegswirren seinen Lebensunterhalt verdienen konnte.

In diesen Flensburger Monaten fand sich auch eine kleine Gruppe junger Künstler zusammen, die in hoffnungsvoller Aufbruchsstimmung war. Diese jungen Menschen begannen, sich der modernen abstrakten Kunst hinzuwenden. Das Interesse daran war groß und die Künstler begeisterten sich dafür, während die meisten Menschen mit Unverständnis reagierten. Das erfuhr später auch Fritz Hanel, als seine abstrakten Gemälde entstanden. Oft wurde er gefragt, was das sein und bedeuten solle. Für ihn war es ein Spiel mit Form und Farbe.

In Flensburg im Sommer 1946 erhielt er das Angebot der evangelischen Landeskirchenleitung von Westfalen, wieder in seinem erlernten Beruf als Beamter in der Verwaltung in Bielefeld zu arbeiten. Schweren Herzens entschloß er sich dazu, denn hätte der freie Künstlerberuf ihn und seine Familie ausreichend ernähren können? Später war er sehr dankbar, daß ihm große Geldnöte erspart geblieben waren, vor allem, da der Neubeginn in Bielefeld nach Flucht und Vertreibung sehr schwer und entbehrungsreich war.

Jedoch in seinem Beruf hatte Fritz Hanel die Möglichkeit Kontakte zu vielen Menschen zu pflegen, was ihm genau wie das Malen lebenswichtig war. Er kümmerte sich urn die Belange der Theologie-Studenten, kam mit ihnen auch privat ins Gespräch und wirkte oft beruhigend auf sie ein, wenn er z. B. bei ihren Prüfungen mit im Raum saß.

Im Jahr 1971 zog das Ehepaar Hanel nach der Pensionierung nach Nieder-Roden in ein geräumiges Einfamilienhaus mit kleinem Garten. Die Töchter und schon eine Reihe von Enkelkindern wollten ihre Eltern und Großeltern in ihrer Nähe haben.

Es begann eine wunderschöne gemeinsame Zeit mit einer großen Familie und für Fritz Hanel die Freiheit, nach Herzenslust malen, zeichnen, lesen und basteln zu können. Im Urlaub im Süden entstanden viele Zeichnungen und Skizzen, zu Hause abstrakte Ölbilder. Bald hingen seine Zeichnungen im Wartezimmer einer Artzpraxis oder im Heim einer bekannten Familie.

Sehr bald hatte sich auch Fritz Hanels Hilfsbereitschaft in Nieder-Roden herumgesprochen. Man brauchte ihn und sein Werkzeug, um z. B. fur Jugendräume Umbauten tätigen zu können oder einen Wagen künstlerisch zu gestalten für einen Umzug zur 1200 Jahrfeier Nieder-Rodens. Die evangelische Gemeinde wollte einen Motivwagen über die Refor­mation und die Lutherfamilie beisteuern. Außerdem hatte er jahrelang in der Gesamt­schule bei der Projektwoche den Kurs Ölmalerei geleitet. Es gab etliche junge Leute aus diesen Kursen, die Fritz Hanel noch Jahre später besuchten, um sich künstlerischen Rat zu holen oder um sich mit ihm zu unterhalten oder mit ihm kleine Ausflüge zu machen. Sie halfen ihm damit, sein Alleinsein nach dem Tod seiner geliebten Frau zu ertragen, wie auch viele Nieder-Rodener Freunde sich um ihn kümmerten. So konnte er bis zu seinem Tod im August 1994 in seinem Haus wohnen bleiben, in seiner vertrauten Umgebung bei seinen Büchern, Bildern und bei seiner Lebensaufgabe der Malerei.